Post Digital Work – Kunstausstellung
Ein Bild von einem Bild, ein Reenactment etwa, ist zugleich ein eigenständiges Bild, ein Zitat der Realität, eine Metapher, eine Projektion und eine sichtbare Vorstellung.
„Automobile Bildfahrzeuge” nannte der Hamburger Kunsthistoriker Aby Warburg in den 1920er Jahren Bildmotive, die sich eigenständig durch Raum und Zeit bewegen und uns auf verschiedenen Trägern an verschiedenen Orten begegnen, also eine Art Eigenleben führen. So wurden etwa in der Renaissance-Malerei Bildformeln aus der Antike wiederentdeckt, zitiert und weiterentwickelt. Ein besonderes automobiles Bildfahrzeug waren und sind die sog. Tableaux Vivants: Nachinszenierungen von Gemälden, lebende Bilder von Bildern, die sich vor allem in höfischen Gesellschaften des 18. Jahrhunderts großer Beliebtheit erfreuten und wie eine Art stilles Theater aufgeführt wurden. Die Mis-en-scène einer Anordnung schafft darin die performative Grundlage, aus der ein Bild in ihr und durch sie sichtbar wird, d.h.: erscheint. Dieser Gestaltungsprozess erinnert an magische Praktiken, indem ein Bild in einer Gruppe von Menschen heraufbeschworen wird. In seiner Dialektik von Belebung und Erstarrung reist etwa das ikonische Motiv des letzten Abendmahls von Leonardo Davinci – um 1500 als Wandgemälde entstanden – durch über 500 Jahre Kulturgeschichte, um im Jahre 2025 in neuem Kontext als Zitat und Chronoferenz hier in der Ausstellung zu erscheinen. Chronoferenzen sind die Möglichkeiten einer Gegenwart, sich auf vergangene Zeiten zu beziehen. So tragen die Figuren auf dem Tableau Vivant Businesskleidung aus dem 21. Jahrhundert und es befinden sich statt Brot und Wein Laptops und Energy Drinks vor ihnen auf den Tischen.
Es sind außerdem die Studierenden selbst, die sich auf den Tableaux Vivants abbilden und damit dem Vorbild einer künstlerischen Praxis folgen. Maler und Malerinnen vergangener Jahrhunderte bauten häufig sich oder befreundete Künstler und Künstlerinnen etwa in Historiengemälde ein, wiesen ihnen Charaktere zu und erschienen so als maskierte Zeugen der dargestellten Szenen sowie ihrer eigenen Kunst.
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