801 Jahre Bielefeld – Heimatbilder Epilog

Zum 801. Geburtstag der Stadt Bielefeld, in der ich zur Zeit lebe und die ich als meine Wahlheimat betrachte, erstellte ich einen Heimatbildband. Meine These lautete: „Für jede andere kleine Großstadt Deutschlands würden Heimatbilder genauso aussehen, nur eben anders.“

In einer Zeit, in der alle öffentlichen Veranstaltungen zu Events ohne Ecken und Kanten werden, erschien es mir sinnvoll, zum 800. Jubiläum der Stadt eine subversive Bilderstrecke mit begleitenden Texten anzufertigen, die Profanes und Historisches gleichermaßen thematisiert. Auf eine Idealisierung von Heimatmotiven unter idyllischen Gesichtspunkten wurde verzichtet.
Die alltäglichen Motive und die nüchternen Texte ziehen ihr fiktionales Potential aus der Realität. Ein Phänomen, das den Betrachtern auffallen darf. Schließlich sind sie es, denen der Künstler im Gegensatz zu Akteuren des Eventmarketing ganz und gar vertraut.

Die Ausstellung „801 Jahre Bielefeld – Heimatbilder“ fand vom 10.09.2015 – 22.10.2015 im Bunker Ulmenwall in Bielefeld statt.

Besonders freute mich der Text „Heimat? Welche Sterne?“, den Prof. Dr. Anna Zika, meine ehemalige Professorin am Fachbereich Gestaltung der FH Bielefeld, der Ausstellung beisteuerte.

Die Farbdrucke im Format 105x85cm werden in dunkelbraunen Kirschholzrahmen mit Schattenfuge präsentiert.
Zur Aufnahme wurde eine analoge Pentax 6×7 Mittelformatkamera mit 75mm Shift Optik verwendet, die mit dem Kodak Portra 160 geladen war.
Alle Bilder wurden am Rechner nachbearbeitet und retouchiert. Die Ausstellung umfasst 12 Prints. Die Fotografien sind käuflich zu erwerben.

Konzept und Technik der „Heimatbilder“

Das Konzept der Serie war, meine Motive mittels Betrachtung eines Heimatsuchenden zu erschließen und fotografisch zu erschaffen.

Die Betrachtung geht der Fotografie voraus, indem ich das Bild entdecke, antizipiere und im Sucher gestalte. Bilder werden geschaffen, nicht gefunden. Die Ruhe meiner meist unbeweglichen Motive verstand ich als Aufforderung, sie auch in der Fotografie zu zeigen. Ich verwendete ein 75mm Shiftobjektiv, um mich formal und optisch auf Augenhöhe mit den Gebäuden, Bäumen und Wesen zu bringen, die ich ablichtete. Das Shiftobjektiv ist praktisch das technisch-ästhetische Herzstück dieser Reihe. Die Abbildung wird durch gerade Linien zum Plateau, zur kontrollierten Form. Ich sehe weder auf, noch sehe ich auf das Motiv herab. Ich betrachte es. Mein Blick, dem die Haltung von unaufgeregter und selbstbestimmter Neugierde zugrunde liegt, wird technisch rekapituliert und somit bin ich als Betrachter mit meinen immer viel größeren Originalmotiven auf Augenhöhe. Es klingt vielleicht banal, aber dies ist in seiner weitreichenden Wirkung auch ein transzendierender Moment für alle späteren Betrachter des Bildes, die ich durch Verzicht auf effekthaschende Unter- oder Aufsicht in eine privilegierte Position bringe: in einen Schwebezustand vor dem Bild.

Wirkliches Erkunden sowie Aufspüren von Motiven und Standpunkten geht nur zu Fuß. Mit dem Shiftobjektiv zusammen muss ein Stativ verwendet werden. Die Ausrüstung wächst also, darf aber nicht zu schwer werden. Meine Lösung: Verzichte auf alles, was Du nicht brauchst. Somit hatte ich Folgendes bei mir: Pentax 67 mit Prismensucher, Manfrotto Stativ, 75mm Shiftobjektiv, Sekonic Belichtungsmesser und ein paar Kodak Portra 160 Filme.

Neben der Technik ist der Zeitpunkt der Fotografie von entscheidender Bedeutung. Ich lasse das Licht erzählen. Die Sonne war meine einzige Lichtquelle. Das heißt im besten Fall: Man hat Glück und kann das Foto flott machen, weil alles passt. Es kommt aber auch vor, dass Licht oder Aufnahmezeitpunkt nicht sofort passen. Dann muss ich warten oder später noch einmal wiederkommen.

Die Nachbearbeitung der Bilder ist von entscheidender Bedeutung. Ein unbearbeitetes Bild ist wie ein ungemischter Song: von großem Potential aber unerträglich unfertig.

Das Colorgrading folgt meinem Interesse, eine Stimmung durch gezieltes Weglassen von Farbe oder Information herauszuarbeiten. Das, was ein Bild ausmacht, lasse ich meist unangetastet. Das, was stört, neutralisiere ich.

Oft fällt mir auf, dass erst gravierende Eingriffe und Veränderungen des Rohscans zu natürlicher Wirkung und Wahrnehmung führen. Daher habe ich keine Sorge, die Regler auf Extrempositionen zu stellen, solange es gut aussieht. Und das macht Spaß.